Die “Süddeutsche Zeitung” macht bisher für Antisemiten gehaltenen Menschen Hoffnung, nach dem Befreiungsgedicht von Günter Grass bald noch viel mehr Enderlösungen erleben zu dürfen

Sie berichtet heute in einer Überschrift, Micha Brumlik, “Professor für Erziehungswissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main”, habe “zu Günter Grass” gesagt: “Grass ist kein Antisemit, bedient sich aber antisemitischer Deutungsmuster”.

Grass’ Entgegnung darauf, falls es eine gegeben hat, ist mir bislang noch nicht bekannt, da ich den Artikel selbst noch gar nicht gelesen habe.

In jedem Fall macht schon die Überschrift Hoffnung – und das möchte ich hier auch nur kurz mitteilen -, dass man schon bald ebenfalls von der “Süddeutschen” erfahren darf, dass, was für Grass gilt, nach neuesten antisemitismuswissenschaftlichen Erkenntnissen von Brumlik et al. selbstverständlich auch für alle anderen gilt, die bisher für Antisemiten gehalten wurden, einschließlich Adolf Hitler und Wilhelm Marr; dass es streng genommen also noch nie Antisemiten gegeben hat, sondern allenfalls Menschen, die sich “antisemitischer Deutungsmuster” bedient haben oder bedienen.

Das wäre dann wahrscheinlich auch nicht gerade toll, aber möglicherweise leichter zu entschuldigen.

PS: Habe jetzt bist zum Ende gelesen, wo Brumlik auf die Frage der SZ,

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte kürzlich nach einem Besuch der besetzten Gebiete von Apartheidspolitik gesprochen. Was sagen Sie dazu?

antwortet:

Innerhalb der Grenzen von 1967 ist das mit absoluter Sicherheit falsch, im weiteren Sinne ist das auch für das Westjordanland falsch. Aber in der Stadt Hebron ist das absolut richtig. Dort wird die Bevölkerung eingesperrt und die israelische Armee muss die arabischen Bewohner vor der Gewalt fanatischer jüdischer Siedler schützen.

Gut, dass der Grüne Brumlik das noch schnell sagen durfte – und dabei wahrscheinlich (er ist Jude und hat schließlich laut Wikipedia sogar schon mal ein “Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocaust” geleitet und “fanatische jüdische Siedler” sind selbstverständlich schon per definitionem das Gegenteil einer “Bevölkerung”) noch nicht mal “antisemitische Deutungsmuster” benutzt hat. Denn ich hatte vor kurzem aus zwei anderen Artikeln, wobei in einem Folgendes zu lesen war:

“Jews are not allowed to buy a home or new property in Hevron, the city of our forefathers,” Arnon said. “What was permitted to Jews here for thousands of years is now forbidden.”

“Only three percent of the city is open to us, and we cannot purchase new houses,” Arnon said, saying the eviction sent the wrong message to the entire world[,]

sowie die Äußerung Sigmar Gabriels, Hebron sei “für die Palästinenser ein rechtsfreier Raum”, denn wohl doch grammatikalisch und semantisch viel zu ernst nehmend, mittlerweile schon das genaue Gegenteil gefolgert, d. h., genauer, dass in Hebron ein arabisches Apartheidregime herrsche, unter dem die Juden die “Schwarzen” seien!

Gefährlich!

A propos Antisemitismus vs. antisemitische Deutungsmuster: Diese Sache könnte vielleicht auch meine Großmutter väterlicherseits jetzt, zwar lange nach ihrem Tod, aber besser spät als nie, für mich in einem etwas milderen Licht erscheinen lassen. Ich glaube, ich werde Brumlik gleich mal schreiben und ihn fragen, was es z.B. war, als sie einmal – in den Sechzigern muss es gewesen sein – “witzelte”, “Hass’n Jud’n inner Nase?”, nachdem ihr aufgefallen war, dass ich popelte.

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Baby

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